Chorleben - S-Chorverband

Nachwuchsensemble-Wettbewerb zu Beginn des SCV-Klangfestivals

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Alfons Scheirle mit allen Vertretern der Ensembles bei der Preisverleihung – alle Bilder: Dorothea Labudde-Neumann

Bevor von diesem Wettbewerb berichtet wird, muss zuerst allen Teilnehmern ein Kompliment ausgesprochen werden, an selbigem teilgenommen zu haben. Unterschiedlichste Voraussetzungen – Schulensembles, Musikstudenten, Ensembles aus der Vereinswelt der Laienchöre, erst kürzlich gegründete oder schon über längere Zeit bestehende Vokalgruppen und Ensembles, die es vorziehen mit Mikrophonie zu singen bzw. ganz ohne Technik –  diese enorme Bandbreite machte es der Jury nicht leicht. Und so war der 9. Mai in Heilbronn, der Wettbewerb für Nachwuchsvokalensembles aus Baden Württemberg im Rahmen des SCV-Chorfestes ein an Spannung kaum zu überbietender Tag

Der Tag begann um 9 Uhr. Jedes Ensemble erhielt seine Einsingzeit, um Bühne, Saal und Technik zu erkunden sowie den eigenen Soundcheck zu machen. Diszipliniert und zügig wurde gearbeitet. Die Eltern der Waldorfschule versorgten die Anwesenden mit Getränken und Speisen. Die strahlende Sonne lud noch zu einem gemütlichen Café im Freien ein, bevor dann um 14 Uhr der Wettbewerb begann. Zunächst hatten sich nur einige Interessenten eingefunden, die Veranstaltung war ja öffentlich. Doch es sollten im Laufe des Nachmittages immer mehr Zuhörer werden. Eine spontane Eröffnungsimprovisation vom Jurymitglied Prof. Harald Lierhammer am Flügel ließ die Zuhörer aufhorchen und auch in der kurzen Ansprache von Bürgermeister Harry Mergel gab es eine kleine Überraschung – der Vertreter der Stadt lobte einen weiteren Preis aus für ein Ensemble, das am 3. Juli am Gaffenberg Festival als Vorgruppe auftreten sollte.

Stefanie Kerker von der staatlichen Hochschule Stuttgart, Dozentin im Fachbereich Sprechen – stellte mit viel Humor die Jurymitglieder vor: G.Prof a.D. Alfons Scheirle – Juryleitung – u.a. Mitglied im Deutschen Chorverband, früherer Bundeschorleiter und nicht wegzudenken aus der Chorwelt in Deutschland; Klaus Brecht – Akademiedozent der Landesmusikakademie Baden Württemberg; Barbara Bürkle – sie unterrichtet an der Stuttgarter Gesangschule „Go Vokal“, Gründerin des Vokalquartetts „Klangbezirk“; dann Harald Lierhammer – Professor für schulpraktisches Klavierspiel an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart, und Joachim Schmid – u.a. Mitglied im Musikbeirat des Schwäbischen Chorverbandes und dort Ansprechpartner für Junge Chöre und a-cappella-Ensembles. Diese hochkarätige Jury wurde vor eine nicht leichte Aufgabe gestellt. In drei Abschnitten mit je vier Ensembles ging der Wettbewerb von 14 bis 19.30 Uhr über die Bühne.

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Die Jury während des Wettbewerbs

Die Gruppe Vorlaut aus Bönnigheim eröffnete den A-Cappella-Wettstreit mit vier eigenen Songs und einem Arrangement von Billy Joel –„ For the longest time“. Das Ensemble hatte sich viele Gedanken zur Präsentation gemacht,  ohne dass der Gesang darunter gelitten hätte. So war es nicht weiter verwunderlich, dass beim Song „Shoppen gehn“  das Publikum sich spontan zum Mitklatschen hinreißen ließ.

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„Vorlaut“ – Jury im Vordergrund – sangen als erstes Ensemble

Es folgten fünf Musikstudenten aus Stuttgart mit dem belebenden Namen „Café au lait“. Ohne Mikrophonie präsentierten sie ebenfalls einen Klassiker von Billy Joel – „And so it goes“ – gefolgt vom Song „Chili con carne“, einem sehr schweren Stück, das dem Ensemble alles abforderte.

 cafe-au-lait-mit-dem-titel-and-so-it-goes.jpg Café au lait aus Stuttgart

Mit „Sometimes i feel like a motherless child“ zeigte das Quintett, dass Balladen ihm besonders liegen, was sich auch im letzten Lied “Short people” von Randy Newman in der entsprechenden Choreographie bestätigte.

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Hearts IV – schlichtes Equipment – auch eine Art Songs zu untermalen

Aus Würzbach kamen die fünf jungen Männer mit dem Ensemblenamen „Hearts IV“. Acht Stücke in nur zwanzig Minuten zeigte die Bannbreite der musikalischen Vielseitigkeit des Ensembles auf. Ebenfalls ohne Mikrophone präsentierten sie Lieder von John Dowland bis zu den Prinzen. „Aura Lee“ mit einem schlichten Solo und „Schädelweh“ (auf die Melodie von „Yesterday“) bezauberten die Zuhörer ganz besonders. Die Aufregung der vier Sänger war deutlich zu spüren, was aber nicht ihre Präsentation schmälerte. Natürlich mussten alle Ensembles mit dieser Anspannung lebten – auch eine ganz wichtige Erfahrung für die Teilnehmer. Mit dem Lied „Schöne Nacht“ und viel Applaus wurden sie von der Bühne entlassen.

Den Abschluss des ersten Drittels bildete das Vokalensemble tonArt aus Albeck. Vier Sängerinnen und vier Sänger wagten sich mit der „Launigen Forelle“ in die Welt der Klassik. Der traditionelle Song „The drunken Sailor“ und „Yesterday“ waren die englischsprachigen Werke, denen dann der „Millionär“ von den Prinzen und das Lied „Im Wagen vor mir“ folgten. Das Ensemble trat ebenfalls ohne Mikrophone auf.

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tonArt – alle 8 Sänger(-innen) gaben hier den Ton an

Die erste Pause folgte – die Aula füllte sich mit nun mit deutlich mehr Zuhörern. Anschließend traten vier Ensembles auf, die alle ohne Mikrophone sangen – also eine reine „Naturton – Präsentation“.

Frisch gestärkt kündigte Stefanie Kerker das nächste Ensemble an – die VISAFISTEN, Gymnasiasten aus Renningen. Sie präsentierten sich sehr eigenständig und kreativ: das Handy war mit 10 SMSen das rote Band, das sich durch die gesamte Präsentation zog, per SMS wurde von Lied zu Lied moderiert. Eine Idee – die das Publikum sofort verstand.

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Kreativ in der Präsentation die Visafisten

Volkslieder wurden abgeändert – gekonnt an das Chorfest angepasst und teilweise mit Klavierbegleitung untermalt. Die sechs Schüler wagten mit ihrer Vorstellung etwas Neues und zeigten den hierfür nötigen Mut zu einem Wettbewerb auf. Johannes Bair – der Musiklehrer der jungen Männer – geht hier zusammen mit seinen Schülern einen wirklich interessanten Weg.

Vom Scheffel-Gymnasium Bad Säckingen kam ein Mädchen-A-cappella-Ensemble. 11 Sängerinnen aus den Klassen 11 bis 13 bezauberten mit schlichtem Vortrag die Zuhörer: „Singing in the rain“, „My funny Valentine“, „Uti vaar hage“, „He ist always close” und eine schlichtere Version von “Chili con carne” waren die von ihnen vorgetragenen Werke.

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Schülerinnen des Scheffelgymnasium: das einzige Frauenensemble

Mit gut platzierten Worten moderierten sie von Lied zu Lied – man freute sich über die wohldurchdachte und gut einstudierte Präsentation. Dass aufgrund des mangelnden Interesses der Knaben aus dem Scheffel-Gymnasium eine reines Frauenensemble entstanden war, erwies sich alles andere als ein Nachteil, im Gegenteil. Die  11 Mädchen bereicherten die Ensemblevielfalt des Tages als einziges Frauenensemble im Wettbewerb.

Das Ensemble Rocky Harmonists ist Fan der Wise Guys – das zeigten einem die präsentierten Lieder. Aber auch Eric Clapton mit „Change the world“ und „Under the boardwalk“ – arrangiert von Jay Carpenter – standen auf dem Repertoire. Ohne technische Unterstützung meisterten die 5 jungen Männer zwischen 14 und 23 Jahren ihre Songs. Eine große Fangemeinde im Saal unterstütze sie kräftig. Manch ein Ensemble war mit Gefolge angereist, was natürlich für die Interpreten eine große Unterstützung darstellte.

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Volle Konzentration – die Rocky Harmonists

Das zweite Drittel wurde mit einem Ensemble beendet, welches aus der Vereinswelt kommt. CHORona stammen aus dem Kinder- und Jugendchor des Liederkranzes Markgröningen. Zwei Männer und sieben Frauen – keiner des Ensembles spielt Klavier (so im Programm vermerkt) – wagten sich an Traditionals wie „Sana Sananina“ und „Free at last“ sowie „The Rose“, „Hymne à la nuit“ und „Barbara Ann“. Mit dem Evergreen „The Lion sleeps tonight“ stellten sich die Sänger vor. Sonja Dillmann – die Leiterin des Ensembles – sprach im Vorfeld von der Herausforderung am Wettbewerb teilzunehmen: „Wir rechnen nicht mit einem Preis – aber wir wollen mitmachen“ so ihre Worte. Dabei sein ist alles – der olympische Gedanke tut auch der Chorwelt gut!

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„The Rose“ mit CHORona

Nun stand das letzte Drittel an – das Ensemble Pentatonica des Mönchseegymnasiums aus Heilbronn betrat die Bühne. Es war der erste Auftritt seit der Gründung des Ensembles im Herbst 2008.  Teilweise a cappella, teilweise mit Klavier interpretierten sie fünf Songs, choreographisch dabei sehr aktiv – das Publikum honorierte es mit reichlich Zwischenapplaus und Schmunzeln. „Alles in die Luft“, „Frauen sind anders“, Tekkno“, „Mein kleiner grüner Kaktus“ und „Don’t worry be happy“ (hierzu wurde sogar das Outfit schnell getauscht), alle Titel zeigten die Leidenschaft der Sänger, die originelle Präsentation der Songs in den Vordergrund zu stellen.

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Pentatonica – ein Heilbronner Ensemble

Four moods hieß das nun folgende Ensemble – alles ehemalige Schulfreunde, die sich nach der Schulzeit nicht aus den Augen verloren haben. Mit Leidenschaft und schlichter Choreographie spannten sie einen Bogen von Mendelssohn bis zu Herbert Grönemeyer. Völlig ohne Technik. Bei ihnen konnte man feststellen, was es heißt, wenn sich Sänger schon lange kennen – der Klang aller vier Stimmen blieb immer homogen. Das brachte Stimmung in den Saal. Der Auftritt wurde am Ende mit einem langen Applaus honoriert.

Nun ging ein Raunen durch die Reihen – sechs junge Sänger aus Renningen betraten die Bühne – mit Abstand das jüngste Ensemble. Es handelte sich um das Knabenensemble Ren-ningen. Mozart, Mendelssohn und Silcher – die jungen „Männer“ widmeten sich der klassi-schen Musik. Das hierunter Szenen aus der Zauberflöte gesungen wurden ist nahe liegend, denn die Knaben spielen dort eine wichtige Rolle. Dass die jüngsten Sänger nicht nur deutsche Literatur können zeigten sie mit ihrem Abschlusslied „This little Babe“ von Benjamin Britten.

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Bald prangt den Morgen zu verkünden- Die Knaben aus Renningen – der 3. Platz war der Lohn

Unduzo – würden die Letzten die Ersten sein? Unduzo aus Freiburg – sie sind Studenten der Musikhochschule Freiburg, die ihr erstes Konzert dieses Jahr Ende Mai geben werden, eine Gruppe, die noch nicht lange miteinander singt. Alle Songs stammen aus der Feder zweier Sänger. Julian Knörzer lebte sich an der Beatbox richtig aus. Unterschiedliche Techniken der Mikrophonie gaben Text und Gesang den nötigen Sound. „Monika“, „Gisela“ und ein „Frühlingslied“ hießen die Titel – das Publikum hatte seinen Spaß.

Warten auf die Entscheidung

Gegen halb acht war der Wettbewerb vorbei. Ging man nun durch den Flur oder auf den Hof vor der Schule: eine gespannte Stille hatte sich über alle (Besucher und Wettbewerber) gelegt. Der Satz „Ich möchte nicht Jurymitglied sein“ war wohl der am meisten geäußerte. Welche Kriterien sollte man ansetzen? Schulensembles, Altersstufen, Musikhochschüler, Vereinsensembles, Vorträge mit Mikrophonen, ohne Mikrophone… Es dürfte schwer sein.

Ablenkung von der Spannung bot Stefanie Kerkers mit Chansons und Liedern. Inzwischen war die Aula der Waldorfschule fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Und Stefanie Kerker gelang es für kurze Zeit alle Zuhörer auf eine kurze Chansonreise mitzunehmen.

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Stefanie Kerker erzählte, was ihr beim Bäcker geschah…

Dann war es soweit – Alfons Scheirle eröffnete pünktlich die Preisverleihung. Er erläuterte einige Bewertungskriterien: Rhythmik, Intonation („eine Terz darf in allen Stilrichtungen eine Terz sein“ so seine Worte, das Publikum schmunzelte), Präsentation, Performance und Lautstärke (stimmliches Nachvornedrängen eines Einzelnen innerhalb der Gruppe) um nur einige Kriterien zu erwähnen. Es war nicht leicht gewesen für die Jury. Jeder nickte im Saal. Da es zwei sehr gute Ensembles gab – hatte sie sich dazu durchgerungen, zwei erste Plätze zu vergeben. Dies konnte in der Kürze zum Glück auch umgesetzt werden.

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Ihre Stimmen machten das Rennen: Die Ensembles „Four moods“ (links) und „Unduzo“

Bevor Urkunden und Preise verliehen wurden, bedankten sich Dr. Lorenz Menz und Alfons Scheirle bei allen, die zu diesem Ensemblewettbewerb beigetragen hatten – von den technischen Ausstattern (Fa. DLO aus Neuhausen), über die Kollegen in der Waldorfschule, den Mitarbeitern des SCV bis hin zu den Teilnehmern selbst. Von allen Ensembles standen Vertreter auf der Bühne – Teilnahmeurkunden wurden verteilt, bis am Ende die Preise für folgenden Ensembles vergeben wurden: Das Knabenensemble Renningen erhielt den dritten Preis, die Mädchen des Scheffelgymnasiums den zweiten Preis, Unduzo und four moods den ersten Preis. Der Jubel war unglaublich! Die Halle erbebte für kurze Zeit. Den Preis für den Auftritt am Gaffenberg Festival erhielten die Jungs von Vorlaut.

In den Wettbewerbsregeln stand, dass der Erstplatzierte zum Abschluss singen sollte – und so sangen „Unduzo“ und „foor moods“ nochmals – nicht aus den vorgetragenen Werken des Nachmittags – nein, sie präsentierten weitere Lieder aus ihrem Repertoire. Foor moods schloss mit einem afrikanischen Gebet, Unduzo steuerte einen weiteren eigenen Song mit dem Titel „war doch nicht so schwer“ bei. Eine Anspielung auf den Tag? Keinesfalls – denn dieser Wettbewerb war schwer für alle Teilnehmer, auch für die Gewinner. Die Mühen im Vorfeld beim Ausrichter – dem Schwäbischen Chorverband – haben sich gelohnt, zumal hier eine weitere Möglichkeit gefunden wurde, singenden jungen Menschen eine Präsentationsplattform zu bieten.

Am Ende noch eine wichtige Information: Fast alle Ensembles werden bald wieder in Heilbronn zu hören sein, da die meisten von ihnen sich zu einem Auftritt während des Chorfestes im Juli angemeldet haben. So haben neue Fans  die Gelegenheit, die jungen Künstler zu hören – und dass dies einen Besuch wert ist, konnte hoffentlich dem aufmerksamen Leser dieses Berichts vermittelt werden.

Dorothea Labudde-Neumann
Pressereferentin im Karl-Pfaff-Gau

Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 13. Mai 2009, Singen und Stimme, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.

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