Chorleben - S-Chorverband

Neue CD „America“ des SWR Vokalensembles

Das SWR Vokalensemble geht auf seiner jüngst erschienenen CD der Frage nach, was typisch amerikanisch ist. Unter der Leitung seines Chefdirigenten Marcus Creed stellt es die Werke von sechs Komponisten gegenüber, die im 20. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten lebten und wirkten.

Aaron Copland „Four motets“

Aaron Copland schrieb seine „Four motets“ während des Studiums in Paris im Rahmen eines Seminars über Motettenkomposition. Er wechselt dabei zwei Gebete um Erbarmen mit zwei Lobgesängen ab. Das SWR Vokalensemble musiziert die vier Gebete in einer überzeugenden Innigkeit. In seiner Komposition ist das „Thou o Jehovah Abideth forever“ hervorzuheben. Es beginnt mit einem freien Melisma, das durch die Stimmen wandert, sich verzahnt und in die Tiefe hinabschwingt. Dort stützen sich die Stimmen einige Zeit, bevor sie in der Tiefe verschwinden.

Steve Reich „Proverb“

Steve Reich exponiert in seinem Werk „Proverb“ die Anfänge der rhythmisch-fixierten Kirchenmusik im Notre-Dame-Repertoire. Aus melismatischen Frauenstimmen bildet sich ein mehrstimmiger Gesang, der die Grundlage der rhythmischen Pattern für das dreizehnminütige Stück bildet. Über den minimalistischen Rhythmuspattern von zwei Vibraphonen und zwei Synthesizern breiten die fünf Solisten ihre Klangräume aus. So entsteht ein packendes Stück brilliant musizierter Minimal Music, welches sich schließlich in einer zeitlosen Solostimme auflöst.

John Cage „five“

Ganz anders das Stück „five“ von John Cage, welches den Rhythmus ganz in die Hand der fünf Ausführenden Solistinnen legt, von denen jede fünf Töne zur freien Verfügung hat. Was hier auf CD gebannt wurde, ist also eine Momentaufnahme improvisierter und damit unwiderbringlicher Musik.

Morton Feldman „The Rothko Chapel“

Morton Feldman vertont in „The Rothko Chapel“ die Eindrücke, welche die Gemälde in der gleichnamigen Kapelle in ihm hinterließen. Über weite Strecken musizieren Schlagwerk, Streicher und Doppelchor raumergreifende Klänge, die in ihrer Fülle und Schwere den Zuhörer beinahe erdrücken. Die Schwere löst sich erst mit dem Einsatz der Solostimmen und hellen Glockenklängen.

Leonard Bernstein „Missa brevis“

Leonard Bernsteins „Missa brevis“ trägt zu Beginn sehr deutlich ihr europäisches Erbe vor. Sie baut auf der lateinischen Liturgie und den mittelalterlichen Harmonien auf. Im Sanctus tritt das des SWR Vokalensembles mit den reinen Klänge in Dialog mit dem fantastischen Countertenor Franz Vitzhum. Stücke wie das Gloria spielen stärker mit Klängen des 20. Jahrhunderts, die sich im „Donna nobis pacem“ bis hin zu einem Tanz erweitern.

Samuel Barber „A Stopwatch and an Ordnance Map“

Die CD „America“ schließt mit Samuel Barbers „A Stopwatch and an Ordnance Map“. Darin vertont er ein Gedicht von Stephen Spender zum Tode eines Soldaten im Spanischen Bürgerkrieg. Barber vertont das Gedicht hin und hergerissen zwischen Kriegsbegeisterung und Trauergesang, der eindrucksvoll von den Männern des SWR Vokalensembles vorgebracht wird.

 

Ist das alles nun typisch amerikanisch? Sicherlich sind viele europäische Einflüsse zu hören, die von den amerikanischen Komponisten auf ganz eigene Weise verarbeitet wurden. Ob diese Verarbeitung typisch amerikanisch ist sei dahingestellt. Auf jeden Fall ist nach Russland eine weiteres hörenswertes Länderportrait des SWR Vokalensembles entstanden. Das Vokalensemble musiziert unter seinem Chefdirigenten Marcus Creed derart genial, dass man eines sicher sagen kann über die CD. Typisch SWR Vokalensemble.

Die CD-Besprechung war auch  bei Vocals on Air, dem Radiomagazin rund um Chormusik in Baden-Württemberg, am 3. April zu hören. Diese gibt es hier als Podcast.

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Johannes Pfeffer, 6. Apr 2014, gemischte Chöre, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.

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