Chorleben - S-Chorverband

„Das ist dein Publikum – pack es!“

Beeindruckende Fortbildung zur Präsentation von Kinder- und Jugendchören

Mitten hinein in die Praxis beförderte Dr. Klaus Eichenlaub die Teilnehmer seines Seminars „One Small Voice – oder: ein bisschen Show muss sein!“ am 23. Juni in Hohengehren. Er hatte nicht nur sechs seiner exzellenten Südpfalzlerchen zur Demonstration von Choreografien mitgebracht, sondern setzte die Mädchen als Co-Dozentinnen ein. So nahmen die Seminarteilnehmer am Ende nicht nur Anregungen und nützliche Ratschläge mit nach Hause, sondern eine ganze Reihe fertiger Choreografien.

Meist überwiegen bei Seminaren zum Thema Choreografie für Chöre die pessimistischen Stimmen, die das Gezeigte zwar toll finden, ihren eigenen Chören aber nicht zutrauen. Anders an diesem Tag in Hohengehren: Zwar handelt es sich bei den Südpfalzlerchen um einen in verschiedenen Sparten preisgekrönten Chor (zuletzt beim Deutschen Chorfest in Frankfurt), aber nichts von dem, was Eichenlaub vermittelte war abgehoben oder für weniger professionelle Chöre nicht umsetzbar. Kein Zweifel allerdings, dass dazu überdurchschnittliche Leistungsbereitschaft und Disziplin aller Beteiligten unerlässlich sind. Bestes Beispiel hierfür waren die sechs Mädchen, die über viele Stunden unermüdlich Choreografien präsentierten, ohne je an gesanglicher Klasse, Präzision, Körperspannung oder Ausdruckskraft zu verlieren.

Gerade in letzteren Bereichen erzieht Eichenlaub seine Chormitglieder frühzeitig zu Selbständigkeit. „Bei choreografierten Stücken muss man sich als Chorleiter mittelfristig überflüssig machen“, ist er überzeugt. „Man braucht dafür aber eine sehr disziplinierte Truppe.“ Funktionieren kann das nur, wenn gewisse Grundregeln von allen Chormitgliedern verinnerlicht sind. Dazu zählen für Eichenlaub z.B. ein fester Stand, das Ausrichten der Aufstellung nach dem Mittelpunkt mit ausreichenden Einzelabständen, das Halten („Freeze“) der Schlusspose oder das einheitliche Verbeugen – bei den Südpfalzlerchen auf „21, 22, 23 hoch“. Und natürlich das Credo: „Alles was du machst, mach es groß, mach es präzise, mach es deutlich!“.

Für jeden einzelnen Zuschauer
Noch wichtiger ist ihm allerdings die Frage, wie man das Publikum für sich gewinnen kann. „Wenn du einen im Publikum anschaust, hast du nur einen, wenn du auf einen imaginären Punkt über den Köpfen schaust, hast du alle. Du musst dir einen Punkt suchen, der jedem Zuschauer suggeriert: Ich bin voll für dich da!“. Absolut tabu sei dagegen, dass einzelne Chormitglieder mitten in oder kurz nach Choreografien an ihrer Kleidung ziehen, Haare aus dem Gesicht streichen oder ähnliche Bewegungen machen, die ganze Choreografien zerstören könnten. Jedes Mal bevor man auf die Bühne gehe müsse sich jeder Einzelne bewusst machen: „Das ist dein Publikum – pack es! Für Heiterkeit sorgte denn auch der Versuch der sechs Sängerinnen, eine Choreografie als Kontrastprogramm mit laschen Bewegungen, ohne Ausdruck und ohne Spannung zu demonstrieren. Wer so viel Bühnenpräsenz hat, dem fällt es schwer, plötzlich davon abzulassen, aber der Punkt kam an.

 

 

 

 

Um all diese Dinge in der Praxis zu verinnerlichen, waren die Seminarteilnehmer den ganzen Tag über selbst gefordert. Nach einem Einstieg mit Body-Percussion und einfachen Bewegungen zu Aufwärmliedern auch für kleinere Kinder studierten Eichenlaub und seine Co-Dozentinnen mit den Teilnehmern – allen voran acht Mitgliedern des Jugendchors der Abendsterne aus Bönnigheim – mehrere Choreografien ein, darunter das Titellied des Tages „One small voice“ mit der von John Jacobson vorgegebenen Umsetzung des Textes in Anlehnung an die Gebärdensprache.

Im Konkurrenzkampf mit der Schule
Kurze Verschnaufpausen nutzte Seminarleiter Wolfgang Layer für Fragen zur Organisation, Finanzierung und Arbeitsweise der Südpfalzlerchen, die bei allem Erfolg doch mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben, wie die meisten Kinder- und Jugendchöre. „Die Schule ist unser größter Feind“, weiß der hauptberufliche Historiker aus langjähriger Erfahrung zu berichten. „Wenn Kinder in den Proben fehlen, dann nur wegen Krankheit oder der Schule. Das ist das Einzige, was ich akzeptiere.“ Überrascht waren die Teilnehmer über die Tatsache, dass der Chorleiter eines so professionellen und erfolgreichen Chores ehrenamtlich tätig ist. Seine Kräfte konzentriert er voll und ganz auf die Südpfalzlerchen. „Mit Herz dabei zu sein, gelingt mit nur mit einem Chor“.
Ob nun Grundregeln zur Bühnenpräsentation, konkrete Choreografien oder Anregungen verschiedenster Art – jeder konnte etwas von diesem Tag mit nach Hause nehmen. Schade nur, dass die Teilnehmerzahl wie so oft bei Fortbildungen im Jugendbereich viel zu gering war. Bericht und Bilder: Heike Weis

Archivnutzer_SingenundStimme_Blog, 2. Jul 2012, Chorpraxis, Fortbildungen, Jugendchöre, Kinderchöre, Singen und Stimme, Kommentare per Feed RSS 2.0,Kommentare geschlossen.

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